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Radsport in der Coronakrise: Die Stimmen der Woche (KW13)
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28.03.2020

Radsport in der Coronakrise: Die Stimmen der Woche (KW13)

Autor: Heike Oberfeuchtner (H.O.)



28.03.2020 - Zurzeit werden keine Radrennen ausgetragen, aber das heißt nicht, dass die Radsport-Szene verstummt ist. Geredet wird immer, zur Not über die Coronakrise. LiVE-Radsport.com hat die einschlägigen Medien durchstöbert und die Stimmen der Woche für Euch zusammengestellt.


Alle Beiträge der Serie „Die Stimmen der Woche“


23.03. – Schachmann fordert Entscheidung zu Olympia…

Die Woche begann ziemlich ruhig. Maximilian Schachmann (Bora-Hansgrohe) forderte in einem Interview für die Funke Mediengruppe baldige Klarheit bezüglich der Olympischen Spiele: „Das IOC muss eine Entscheidung treffen, um den Sportlern den Druck von den Schultern zu nehmen. Es geht ja auch um Fairness in der Vorbereitung: Manche Sportler dürfen aktuell draußen trainieren, andere nicht. Mancherorts finden derzeit keine Dopingkontrollen statt. Da Spiele in diesem Jahr eher unrealistisch geworden sind, wäre es besser, rasch einen Termin im nächsten Jahr zu suchen.“ Wie schnell er erhört werden würde, hätte wohl der Paris-Nizza-Gesamtsieger selbst nicht geahnt.

24.03. - … und wird prompt erhört. Verschiebung auf 2021

Am Dienstag wurde nämlich die Hiobsbotschaft verkündet, mit der die Meisten früher oder später ohnehin gerechnet hätten: Die Sommerspiele 2020 werden aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt bzw. auf 2021 verschoben. Dieses Thema bestimmte die nächsten Tage. Als einer der Ersten äußerte sich Greg van Avermaet (CCC), der Olympiasieger von Rio, gegenüber Cyclingnews. Bei aller Enttäuschung unterstütze er die Entscheidung vollauf, „denn es ist in Zeiten wie diesen klar, dass Gesundheit und Sicherheit höchste Priorität haben und es nicht möglich gewesen wäre, ein Event wie Olympische Spiele mit Tausenden Menschen aus aller Welt sicher durchzuführen. Natürlich bedeutet die Verschiebung, dass ich dann ein Jahr älter sein werde, was nicht ideal ist, aber ich werde sicherlich nächstes Jahr so motiviert sein wie eh und je.“

Anna van der Breggen (Boels-Dolmans), vor vier Jahren Olympiasiegerin im Straßenrennen der Frauen, sieht es ähnlich: „Wie könnten wir dieses Sportereignis veranstalten, während die Welt gegen ein Virus kämpft, Menschen ihr Einkommen verlieren und andere um das Leben eines Familienmitglieds bangen?“ fragte sie gegenüber De Stentor. „Andererseits weiß ich auch, nach einigen Besuchen in Japan, wie wichtig dieses Event für sie ist. Und dass man so eine Entscheidung nicht leicht fällt.“

Am selben Tag machte der ehemalige Europameister Matteo Trentin (CCC) über Twitter einen charmanten Vorschlag: „Warum nicht nur eine einzige große Rundfahrt in diesem Jahr veranstalten? Mit Start in Rom, Zwischenstation in Madrid und Ziel in Paris. Das wäre eine großartiger Weg, um alle Menschen nach dieser schrecklichen Zeit mit einem Radrennen wiederzuvereinen. #3GTn1 Normale Rundfahrlänge. 21 Etappen (7, 7, 7), 2 Ruhetage. Um den Neuanfang zu schaffen.“

Außerdem gab Thibaut Pinot (Groupama-FDJ) France TV Sport ein bewegendes Interview, in dem er nicht nur seine Sorge vor einer Absage der Tour de France äußerte. „Ich wäre vor allem deswegen beunruhigt, weil das bedeuten würde, dass die Pandemie sich noch verschärft hätte. Ich weiß nicht, ob die ASO die Tour verschieben kann. Aber ja, sie kann gestrichen werden und ja das beunruhigt mich unbedingt, denn ein Jahr ohne die Tour und ohne GT ist ein kompliziertes Jahr. Das wäre ein verlorenes Jahr.“ Darüber hinaus schilderte der Franzose seine persönliche Betroffenheit: „Meine Mutter ist Krankenschwester und mein Vater arbeitet in einem Bestattungsinstitut; das sind zwei Berufe, wo man in Kontakt mit dem Virus kommt.“ Kurz danach wurde bekannt, dass Pinots Vater an Covid-19 erkrankt ist.



25.03. – Warbasse genießt die neue Trainingsfreiheit

Einen Tag später äußerte sich Mathieu van der Poel (Alpecin-Fenix) gegenüber Sporza zur Olympia-Absage. „Die weltweite Gesundheit geht vor, es handelt sich ja nur um Sport. Andererseits hinterlässt es bei mir ein mieses Gefühl. Vor vier Jahren haben wir einen Plan erstellt im Hinblick auf die Spiele von Tokio. Und der Plan fällt nun ins Wasser. Die Olympischen Spiele sind der Grund, warum ich mit dem Mountainbiken angefangen habe. Es ist nicht so einfach, wenn man sich vier Jahre mit etwas beschäftigt hat.“

Warum von den Radprofis keiner die Verschiebung der Olympischen Spiele kritisiert, erklärte Romain Bardet (AG2R-La Mondial) im Interview mit Velonews: „Es ist schwer derzeit wie ein Athlet zu denken, es wäre einfach zu egoistisch. Seit dem Ende von Paris-Nizza habe ich die Realität eher aus der Perspektive eines Menschen als eines Sportlers betrachtet. Alles ist so schnell gegangen. Sogar die Experten und Virologen tun sich schwer zu verstehen, was passiert und welches Ausmaß es annimmt.“ Zugleich lenkte Bardet das Gespräch auf die Tour de France, die nun auch am seidenen Faden hängt: „Die Tour ist nicht Olympia. Es scheint mir, als sei die Tour etwas überschaubarer. Ich weiß nicht, aber es erscheint möglich, dass sie stattfindet.“

Wie eine umgestaltete zweite Saisonhälfte mit nur 2-wöchigen Grands Tours aussehen könnte, skizzierte Ex-UCI-Chef Brian Cookson für Cyclingnews: „Durch die Verschiebung der Olympischen Spiele nach 2021 ergibt sich mehr Platz im Kalender für eine verkürzte Tour de France im späten Juli oder frühen August. Eine 2-Wochen-Tour würde ihrerseits Raum lassen für einen nachgeholten 2-Wochen-Giro Anfang September vor der WM und ebenso eine 2-Wochen-Vuelta im Oktober. Die verschobenen Frühjahresklassiker und kleinere Etappenrennen könnten vielleicht gleichzeitig stattfinden. Die verschobenen Monumente könnten auf die verbliebenen freien Wochenenden verteilt werden.“

'Das Beste daraus machen' – nach diesem Motto handeln derzeit viele. So auch Larry Warbasse (AG2R-La Mondiale): „Ich sehe es als Möglichkeit, den perfekten Formaufbau hinzulegen und alles richtig zu machen – dazu haben die meisten von uns niemals die Chance, weil wir immer so viele Rennen fahren“, wird der ehemalige US-Meister von Velonews zitiert. „Nur die Kapitäne haben sonst die Möglichkeit, diese Art der Vorbereitung durchzuziehen. Und ich habe schon früher festgestellt, dass lange Phasen auf dem Indoor-Trainer für mich funktionieren – so saß ich vor ein paar Jahren mal zu Hause in Michigan fest wegen schlechtem Wetter und danach war ich in Topform.“

Mal ein Thema abseits von Corona. Cyclingnews schaute sich die Radsportszene in Kolumbien an und unterstrich die Stärke der gegenwärtigen kolumbianischen Profis: „Kolumbien ist momentan auf Platz vier des UCI Nationenrankings, vor den Niederlanden und hinter den Radsportgrößen Belgien, Italien und Frankreich. Wenn man die kleine Zahl von Kolumbianern auf der höchsten Ebene des Radsports betrachtet, ist das allerdings ein Erfolg, der heller strahlt, als es zunächst erscheint. Denn Belgien, Italien und Frankreich haben 55, 55, respektive 56 Fahrer auf WorldTour-Level, während Kolumbien nur 22 hat.“



26.03. – Buchmann will aufs Tour-Podium, und zwar 2020

Im Laufe der Woche verdichteten sich die Anzeichen, dass über eine Tour de France „hinter verschlossenen Türen“, also ohne Zuschauer am Streckenrand, in Start und Ziel, nachgedacht wird. Das hält auch Jan Bakelants (Circus-Wanty Gobert) für einen gangbaren Weg: „Ich denke, dass so etwas realisierbar ist und dass dahinter ein neues Modell stehen könnte“, sagte er in Extra Time Koers und führte aus: "Das Format kann z. B. an einen Streamingdienst wie z. B. Netflix verkauft werden. So gibt es mehr TV-Gelder und die können besser unter den verschiedenen Mannschaften verteilt werden.“

Auch Emanuel Buchmann hofft auf eine Frankreichrundfahrt 2020. „Zwar ändert sich mein Rennplan nun komplett, das große Ziel bleibt aber dennoch weiterhin die Tour de France. Wenn sie im Juli stattfindet, will ich dort aufs Podium fahren – bei dieser Aussage bleibe ich“, wird er auf der Webseite seiner Mannschaft Bora-Hansgrohe zitiert. „Bis Juli ist noch viel Zeit und ich hoffe, dass sich die Situation langsam zu entspannen beginnt. Wissen kann das im Moment niemand, aber wir alle hoffen das Beste und sind motiviert.“

Derweil ist Remco Evenepoel (Deceuninck-Quick Step) froh, in seiner Heimat noch draußen trainieren zu dürfen. „Wenn es so wäre wie in Frankreich oder Italien, dann würde ich verrückt werden, dann wäre das Leben echt hart. Also müssen wir hier in Belgien noch von Glück reden“, wird der Vizezeitfahrweltmeister von Sport.be zitiert. „Ich versuche nicht krank zu werden und gebe mein Bestes. Am Vormittag mache ich eine Trainingsfahrt und danach versuche ich so wie jeder möglichst drinnen zu bleiben und helfe zu Hause aus.“



27.03. – Stybar frustriert vom Training ohne Ziele

Am Freitag, ein Jahr nach seinem Sieg bei der E3 BinckBank Classic, reflektierte Zdenek Stybar (Deceuninck-Quick Step) im Gespräch mit Velonews über die gegenwärtige Situation. „Ohne Rennen auszukommen ist härter, als ich dachte. Nicht so sehr physisch, aber mental ist es nicht einfach. Ich habe mich wirklich sehr auf die Kopfsteinpflasterklassiker gefreut und gerade jetzt hätte ich in Topform sein sollen, aber nun ist nichts übrig. Natürlich trainiere ich weiter, aber Training ohne Ziele ist schwierig und frustrierend. Gleichzeitig gibt es dir eine ganz neue Perspektive und man versteht, es geht jetzt nicht um Radsport. Es geht um das wirkliche Leben und es gab so viele Leute, die viel härter getroffen wurden von dem, was gerade passiert, und man denkt über sie nach und darüber, wie die ganze Welt zu kämpfen hat.“

Außerdem bekräftigte Groupama-FDJ-Teammanager Marc Madiot gegenüber Libération, dass er der Idee einer Tour de France ohne Zuschauer vor Ort viel abgewinnen kann. „Technisch wäre es für die ASO nicht ganz so einfach, aber es gibt ja das Fernsehen und es wäre ein Symbol, ein Neuanfang. Tief in meinem Inneren hoffe ich nur eins, nämlich dass die Tour im Juli stattfindet. Es ist ein kleines Licht, das der Moral guttut. Wenn das Rennen wie geplant stattfinden kann, heißt dass, das wir eine Rückkehr ins normale Leben nach dem Lockdown ins Auge fassen.“







Matteo Trentin (Foto: twitter.com/MATTEOTRENTIN)
Matteo Trentin (Foto: twitter.com/MATTEOTRENTIN)

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